Dass große Teile von Autos in die Wiederverwertung gehen, ist nicht neu. Doch bei Hightech-Komponenten wie Karbon sah es bisher mit dem Recycling allzu schwierig aus. Forscher des Fraunhofer-Instituts haben nunmehr eine Technologie entwickelt, die es ermöglicht, die langen Fasern aus Verbundwerkstoffen zurückzugewinnen.
Einst wurden Karbonmodule nur bei Renn- und später bei Sportwagen verbaut. Maximale Steifigkeit bei minimalem Gewicht macht die Komponenten für Supersportwagen wie von AMG interessanter denn je, denn die Kohlefaser ist 30 Prozent leichter als Alu und 50 Prozent leichter als Stahl. Spezielle Gelege oder Webstrukturen sorgen dafür, dass Komponenten ganz nach Anforderungen nicht nur leicht, sondern auch besonders verwindungssteif gemacht werden können – ideal für den Fahrzeug- oder auch Flugzeugbau. BMW setzte mit seinem nur wenig erfolgreichen Citymobil des i3 vor mehr als zehn Jahren technologische Maßstäbe, als große Teil der Karosseriestruktur ebenso leicht wie hochfest miteinander verbunden wurden.
Statt der normalen 3.000 bis 6.000 Fäden bestanden die Fasern von Modellen wie BMW i3 und i8 aus bis zu 50.000 Fasern. Doch Karbon ist teuer und die Produktion überaus energieintensiv. Bei der Faserproduktion wird rund 30mal mehr Energie benötigt als beim Rest der automobilen Fertigungskette, was die Kosten explodieren lässt und den Einsatz auf kleine Module und teure Autos beschränkt. Wichtiger denn je ist daher die Wiederverwertung und hierbei haperte es bisher. Forscher des Ernst-Mach-Instituts, zum Fraunhofer Konglomerat gehörig, haben nunmehr eine Technologie entwickelt, die es erstmals ermöglicht, die mitunter mehrere hundert Meter langen Karbonfasern aus Verbundwerkstoffen effizient zurückzugewinnen. Dies soll ohne nennenswerte Einbußen bei der Materialqualität geschehen. Möglich wird dies, indem ein spezieller Laserstrahl den mehrlagigen Aufbau der faserverstärkten Kunststoffe gezielt zerstört. Bisher können Karbon-Module nur eingeschränkt wiederverwendet werden, indem die Komponenten geschreddert werden. Die deutlich verkürzten Karbonfasern sind jedoch nicht mehr derart hochwertig und somit nur für minderwertigere Teile zu verbauen.
Je nach (automobilem) Anwendungszweck gibt es zwei verschiedene Arten von Kunststoffen, in denen die Karbonfasern eingebettet sind und in die entsprechende Form (Autodach, Wasserstofftanks oder ganze Karosseriestrukturen) gebracht werden. Sogenannte duroplastische Kompositionen bestehen dabei aus einer schmelzresistenten Matrix, was eine Wiederverwendung aktuell weitgehend ausschließt. Thermoplastische Bestandteile sind aufwendiger zu verarbeiten und können im Gegensatz dazu eingeschmolzen und ein zweites Mal verarbeitet werden. Dafür tragen die Forscher am Fraunhofer EMI die Faserverstärkung der duroplastischen Composites mit Hilfe eines Hochleistungslasers ab. Dieses Verfahren ist insbesondere interessant für Wasserstoffdruckbehälter von Brennstoffzellenfahrzeugen, bei denen ein Karbonfaser-Bündel endlos um eine leichte Kunststoffhülle gewickelt wird. Durch die Zusammensetzung aus den beiden Komponenten können Fahrzeugtanks von Wasserstofffahrzeugen wie ein Toyota Mirai oder ein Hyundai Nexo große Betriebsdrücke von bis zu 700 bar aushalten.
Der Vorteil des neu entwickelten Recyclingverfahrens liegt in der Möglichkeit, die duroplastische Matrix, die die Karbonfasern schützt, durch eine sogenannte Pyrolyse zu entfernen, während die Karbonfasern selbst nahezu unversehrt bleiben. „Die Besonderheit bei diesem Prozess ist, dass wir die Pyrolyse der Matrix und das Abwickeln der Fasern gleichzeitig, möglichst schnell und ohne Beschädigung der Carbonfasern umsetzen“, erklärt Projektleiter Dr. Mathieu Imbert. Die Herausforderung bei dem Forschungsprozess bestand darin, den Arbeitsprozeß abzusichern, da sich die Matrix bei 300 bis 600 Grad Celsius zersetzt, während die Fasern ab 600 Grad Celsius beschädigt werden können. Dr. Mathieu Imbert: „Wir haben einen sehr guten Kompromiss zwischen Prozesseffizienz und Qualität des Rezyklats gefunden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die zurückgewonnenen endlosen Fasern die gleichen hohen Leistungsmerkmale wie neue Fasern aufweisen, was das Verfahren besonders attraktiv macht.“
Aktuell ist das Projekt noch im Forschungsstadium und Teil des noch bis Ende des Jahres laufenden Digi-Tain-Projekts, das vom Wirtschaftsministerium gefördert wird. Nachdem die technischen Prozesse nunmehr abgesichert sind, arbeiten die Forscher des Fraunhofer Instituts daran, das Verfahren energieeffizienter zu machen und gleichzeitig die Qualität der recycelten Fasern zu erhöhen. Das neu entwickelte Wiederverwertungsverfahren soll nicht allein ökologische Vorteile berücksichtigen, sondern für Recyclingbetriebe letztlich auch wirtschaftlich interessant sein. Der Arbeitsprozess erspart lange Pyrolysezeiten und entsprechend hohe Prozesskosten, die die dickwandigen Wasserstoffbehälter üblicherweise verursachen. Zudem benötigt das Recycling per Laser nur rund ein Fünftel der Fertigung von Neufasern.
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