Die deutsche Automobilindustrie steht vor massiven Herausforderungen: Überkapazitäten, eine schwächelnde Nachfrage und drohende US-Strafzölle setzen die Unternehmen zunehmend unter Druck. Werksschließungen, Stellenabbau, Produktionsverlagerungen und sinkende Gewinne prägen das aktuelle Branchenbild. Laut Jens Stobbe, Manager Risk Services beim Kreditversicherer Atradius, ist eine Erholung derzeit nicht in Sicht.
Nach einem kurzzeitigen Produktionshoch im Jahr 2023 infolge pandemiebedingter Nachholeffekte verzeichnet die Branche wieder rückläufige Zahlen. 2024 sank die Automobilproduktion um 5,7 Prozent, für 2025 rechnet Atradius mit einem weiteren Rückgang um 5 Prozent. Für 2026 wird ein Minus von 2,6 Prozent prognostiziert. Zwar könnten die Hersteller die aktuelle Schwächephase finanziell noch abfedern, so Stobbe, doch die Situation werde sich in naher Zukunft deutlich verschärfen. Übergangslösungen wie Gehaltsverzicht oder Vier-Tage-Wochen reichten nicht aus – langfristig könnten Werksschließungen unausweichlich sein. Politische Widerstände erschweren jedoch deren Umsetzung. Dennoch erwartet Stobbe bereits für 2024 einen erheblichen Stellenabbau: Rund 19.000 Arbeitsplätze sind in diesem Jahr betroffen.
Automobilindustrie unter Druck: Überkapazitäten, Nachfragerückgang und Zollrisiken belasten die Branche
Auch in der EU zeigt sich ein düsteres Bild. Nach einem Produktionsrückgang von 5,1 Prozent im Jahr 2024 erwartet Atradius für 2025 einen weiteren Rückgang um 3,7 Prozent. Erst 2026 ist mit einer leichten Erholung um lediglich 0,4 Prozent zu rechnen. Die schwache Konjunktur in Europa belastet weiterhin die Nachfrage nach Neufahrzeugen – viele Konsumentinnen und Konsumenten verschieben größere Anschaffungen.
Die Absatzflaute trifft vor allem die Zulieferindustrie hart. Die finanzielle Lage der Fahrzeughersteller hat direkte Auswirkungen entlang der gesamten Lieferkette. Gleichzeitig sinkt mit den schwindenden Margen auch der Spielraum der Hersteller für Schadens- und Ausgleichszahlungen. Besonders Zulieferer in wichtigen Märkten wie Deutschland, Italien und Großbritannien sehen sich zunehmenden Zahlungsausfällen und Insolvenzrisiken ausgesetzt.
Zusätzlichen Druck erzeugt der Wandel vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität. Vielen Zulieferern fehlen entweder die technologischen Voraussetzungen oder das Kapital – oft sogar beides –, um sich rechtzeitig auf die neue Antriebstechnologie umzustellen. Ohne tiefgreifende Transformation droht ihnen der Marktaustritt. Begleitet wird dieser Strukturwandel von geopolitischen Risiken wie angekündigten US-Zöllen und dem wachsenden Wettbewerbsdruck chinesischer Elektroautohersteller.
Die USA sind ein zentraler Absatzmarkt für europäische Autobauer: Rund 20 Prozent des Exportwerts entfielen 2023 auf die Vereinigten Staaten. Insbesondere deutsche und italienische Hersteller sowie Zulieferketten in osteuropäischen Ländern wie der Tschechischen Republik oder der Slowakei wären von verschärften US-Zöllen besonders betroffen. Schätzungen zufolge könnten allein die Exporte aus Deutschland und Italien bis 2025 um über fünf Prozent zurückgehen.
Ein Ausweichen auf alternative Märkte gestaltet sich schwierig. Unterschiedliche Kundenpräferenzen, regulatorische Anforderungen und starker Wettbewerb – etwa durch Anbieter aus China oder Südkorea – erschweren es, Verluste auf dem US-Markt vollständig auszugleichen.
Chinesische Elektroautohersteller verschaffen sich durch preisgünstige Modelle und hohe Anpassungsfähigkeit einen Wettbewerbsvorteil. Um dem entgegenzuwirken, müssten deutsche und europäische Hersteller verstärkt erschwingliche Elektrofahrzeuge im unteren und mittleren Preissegment entwickeln. Als Schutzmaßnahme hat die EU bereits Strafzölle auf chinesische E-Autoimporte verhängt.
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