Heute ist Maybach nicht mehr als eine besonders edle Ausstattungsvariante verschiedener Mercedes-Modelle und adelt damit insbesondere die Mercedes S-Klasse. In den Vorkriegsjahren sah das ganz anders aus, denn zusammen mit den Duesenberg-Modellen und den 16-Zylinder-Cadillacs waren die Maybach-Modelle aus automobiler Sicht das Maß aller Dinge.
Bestes Beispiel ist der Maybach Zeppelin DS8, dessen Namenszusatz (DS steht für Doppel-Sechs als Zylinderanzahl / Bauart und 8 für die Literangabe des Hubraums) bereits 1930 einen direkten Hinweis darauf geben sollte, dass dieses Auto auf Erden kaum etwas zu tun hat und in Sachen Komfort sowie Reisetempo Gemeinsamkeiten mit einem Luftschiff – dem elitärsten Fortbewegungsmittel der damaligen Zeit – hat. Ein Maybach war nicht von dieser Welt und gerade der Zeppelin DS8 erfüllte vor knapp 100 Jahren Individualisierungswünsche, die keine Grenzen kannten und bis heute Maßstäbe setzen.
Das Herzstück ist ein V12 mit 200 PS
Bereits sein Antrieb ließ selbst verwöhntestes Klientel von der großen Reise träumen. Unter der Haube säuselt verträumt ein acht Liter großes V12-Triebwerk mit 147 kW / 200 PS. Heute nichts Besonderes, doch in einer Ära, in der nur wenige Menschen überhaupt ein Auto besaßen und diese Fahrzeuge für den Vortrieb selten mehr als zur Verfügung 40 PS hatten, ist das ein Ansage, die auch heute noch eindrucksvoll nachhallt. Noch spektakulärer als der Vortrieb bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h ist jedoch das sogenannte Schnellganggetriebe, bei der nur der erste Gang per linkem Fuß eingekuppelt werden muss. Die weiteren Fahrstufen werden am wollweißen Lenkrad vorgewählt und der Zeppelin DS8 macht die Arbeit per Unterdruck von selbst. Wie entspannt das seinerzeit war, lässt sich unter der warmen kalifornischen Sonne von Salinas auch heute noch eindrucksvoll erfahren. Als ob der lederne Luxus im Innenraum des DS8-Cabriolets nicht schon spektakulär genug wäre, gewöhnt man sich an das entspannte Reisen in der über 5,30 Meter langen Sonnenterasse bereits nach wenigen Augenblicken und genießt die Zeitreise trotz der kühlen 13 Grad Celsius. Starten mit einem kurzen Gasstoß und losgefahren – ganz normal per Kupplung und Schaltung.
Komfort vor 100 Jahren
Doch rollt der Luxuskoloss erst einmal am benachbarten Golfplatz vorbei, an dem Männerrunden die morgendliche Abschlagzeit zelebrieren, zeigt der Maybach DS8 mit Cabrioletkarosserie, was Komfort in den frühen 1930er Jahren bedeutete. Einfach über den Drehregler am mächtigen Steuer den zweiten Gang vorgewählt, kurz vom Gas gegangen und die nächste Schaltstufe kuppelt sich wie von Geisterhand ein, während der offene Koloss sich mit seinem sonoren V12 Sonne und Fahrwind entgegenstemmt, während nebenan ein Hubschrauber startet und sich der Morgennebel erhebt. Das knarzende Leder der grandios verarbeiteten Sitze, der Blick auf die verchromte Uhrenbatterie und der Wind, der durch die abgesenkten Seitenscheiben den Innenraum durchzieht – grandios. Der DS8 wird schneller, der Hebel am Steuer wird nach oben gedreht, kurz vom Gas und zack. Mehr als ein Hauch Automatikgetriebe, das sich erst Jahrzehnte später durchsetzte. Die Gangwechsel klappen bei den nächsten Versuchen herauf wie herunter mit etwas Zwischengas problemlos. Automobiler Luxus in den turbulenten 1930er Jahren – typisch Maybach.
Reifen wechseln leicht gemacht
Auch Lenkung und Bremsen arbeiten so komfortabel, dass man kaum meint, in einem mehr als 90 Jahren alten Fahrzeug Platz genommen zu haben. Der Wind durchlüftet unnachgiebig bei höheren Tempi das Innere des Viersitzers, denn mit heruntergeklapptem Verdeck fährt sich das Luxusmodell noch etwas imposanter als ohnehin schon. Für alle Fälle an Bord: zwei Ersatzräder, die sich im Hinterwagen versteckten, denn das Maybach Zeppelin DS8 Cabriolet war insbesondere für die sonnenreichen Ausflüge der Haute Volaute in den 1930er Jahren gedacht und hier durfte der ansonsten obligatorische Chauffeur gerne einmal zu Hause blieben und das Familienoberhaupt griff nur zu gerne selbst ins Lenkrad. Für den Fall der Fälle brauchte es nicht einmal einen Wagenheber, denn wie man es heute von Rennwagen kennt, ließ sich der DS8 per Knopfdruck auf Stützen ein paar Zentimeter für Wartung oder eben die Radwechseln nach oben fahren. Nur ein winziges Detail, weshalb ein Maybach wahrhaft über allen anderen Fahrzeugen rangierte. Als ob dafür nicht allein verchromte Winker, verzierte Leuchten, phantastischen Türgriffe, die ins Leder der Türen eingestanzten MM-Signets oder der Zeppelin-Schriftzug vor dem gigantischen Kühler gereicht hätten.
22 Bilder Fotostrecke | Der Traum vom Fliegen: Maybach Zeppelin DS8 Cabriolet im Fahrbericht
Was ist ein DS8 Zeppelin heute wert?
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