Nun ist es also tatsächlich passiert: Lewis Hamilton wird das Mercedes-AMG Petronas F1 Team am Ende diesen Jahres verlassen und - mit dann 40 Jahren - beim Kontrahenten Ferrari andocken. Mit dieser faustdicken Überraschung hat der Brite nicht nur das Fahrerkarussell einmal richtig umgerührt, sondern auch sein Team vor große Probleme gestellt. Wir beleuchten einmal genau, welche Folgen das hat, wer als Ersatz in Frage kommt und was Hamilton dazu bewegt hat.
Einmal für Ferrari zu fahren - diesen Traum hat wohl ein jeder Formel-1-Fahrer. Viele Stars haben ihn sich erfüllt, nachdem sie in anderen Teams gereift sind. Michael Schumacher, Kimi Räikkönen, Fernando Alonso, Sebastian Vettel... Die Liste ließe sich noch weiter fortführen über Alain Prost, Nigel Mansell usw. Wobei in jüngerer Vergangenheit es nur Räikkönen geschafft hat, bei Ferrari auch Weltmeister zu werden. Alle anderen sind an dem großen Druck und der speziellen Art und Weise bei Ferrari gescheitert.
Nun also Hamilton, der auch oft erwähnt hat, dass ihn Ferrari reizen würde. Auf der anderen Seite hat er auch immer betont, dass er nie ein anderes Auto mehr als den Mercedes fahren möchte und seine Karriere dort beenden würde. Auch von einer größeren Rolle im Konzern nach seiner aktiven Karriere war die Rede. Hamilton genoss eine spezielle Position im Team und hatte alle Freiheiten. Warum also nun der spontane Wechsel?
Dem langen Werben nachgegeben
So spontan wie es scheint, war dieser Schachzug nicht. Seit Jahren baggert Ferrari am Engländer, der bislang aber tapfer standhielt. Speziell Ferrari-Chef John Elkann, mit dem Hamilton privat befreundet ist, hat nun wohl im Hintergrund nochmal alle Fäden gezogen. Dazu kommt, dass mit dem neuen Teamchef Fred Vasseur ein alter Wegbegleiter Hamilton am Ferrari-Ruder sitzt, mit dem er schon zu Formel-3-Zeiten Titel geholt hat. Auch scheint sich nach zwei erfolglosen Jahren bei Mercedes das Vertrauen zum Team abgekühlt zu haben. Durchaus vorstellbar, dass Hamilton nach dieser langen Karriere Motivationsprobleme haben könnte, die ihn nach einer neuen Herausforderung suchen lassen.
Warum sich Hamiton DAS an?
Diese hat er nun definitiv gefunden. Im hohen Rennfahreralter von 40 Jahren ausgerechnet zu Ferrari zu wechseln, ist schon eine beeindruckende Aufgabe. Leicht wird es dort nicht für ihn. Zunächst stellt sich die Frage, wie der oft distanziert wirkende Brite in das hoch emotionale Umfeld der Tifosi passt. Die Fans lieben große Emotionen, die bei Hamilton eher nicht vorkommen. Zudem ist das Ferrari-Team für ordentliches Chaos bekannt, was Hamilton aus den hoch strukturierten Mercedes-Team so auch nicht kennt. Zu allem Übel bekommt er mit Charles Leclerc einen Teamkollegen, der seit vielen Jahren fest im Team verwurzelt ist und seinen Vertrag gerade um weitere fünf Jahre verlängert hat. Leclerc, einst als F1-Wunderkind verehrt, läuft in letzter Zeit zwar seiner Form etwas hinterher, war aber immer besonders stark, wenn es gegen berühmte Teamkollegen ging. Sebastian Vettel kann davon ein Lied singen. Neuzugang Hamilton wird den Monegassen sicher zu neuen Höchstleistungen pushen. Ob und wie Hamilton dagegenhalten kann, wird sich zeigen.
Mercedes in Schwierigkeiten
Bei seinem Team hinterlässt der Brite ein großes Loch. Die Traum-Ehe Wolff-Hamilton ist gescheitert, was Toto Wolff als persönliche Niederlage empfinden dürfte. Schließlich hat er selbst seinen Vertrag gerade um weitere zwei Jahre verlängert, was immer eine Bedingung für den Verbleib Hamiltons war. Nun hat man zwar mit George Russell einen zukünftigen Teamleader, der diese Rolle angesichts seiner Leistungen und seines gesunden Selbstbewusstseins sicher auch annimmt und ausfüllt, aber die Frage nach dem zweiten Fahrer brennt nun lichterloh.
Schumacher vor Comeback?
Max Verstappen bei Mercedes ist für beide Seiten undenkbar. Ferrari-Mann Carlos Sainz, der trotz starker Leistungen sein Cockpit räumen muss, wird ganz sicher nicht zu Mercedes wechseln, sondern wird mit Sauber/Audi in Verbindung gebracht. Viele träumen nun von einer Rückkehr von Mick Schumacher ins Stammcockpit. Schließlich ist er der etatmäßige Ersatzfahrer des Teams und würde so seinem Vater Michael folgen, der selbst für Mercedes ins Cockpit stieg. Diese Träume sind aber aller Wahrscheinlichkeit nach Schall und Rauch, denn trotz aller Beteuerungen von Wolff, dass Mick ein Cockpit verdient hätte, wird man sich anders entscheiden. Man braucht sich nur zu erinnern, wie man nach dem überraschenden Karriereende von Nico Rosberg mit den damaligen Junioren Pascal Wehrlein und Esteban Ocon umgegangen ist. Beide wurden - trotz bester F1-Reife - knallhart übergangen und mit Valtteri Bottas ein teamfremder Mann eingekauft. Mick wird es wohl genauso ergehen. Das gleiche gilt für Mercedes-Junior Frederik Vesti, der zurzeit in der Formel 2 ordentliche Leistungen bringt, was aber nicht reichen wird. Wer kommt also in Frage?
Die Kandidaten
Kandidat Nr. 1 könnte Alex Albon sein, der in seinem schwachen Williams seit mehreren Saisons beeindruckende Leistungen zeigt. Zwar ist der Brite bei Red Bull am großen Druck seinerzeit gescheitert, hat aber seitdem eine steile Entwicklung hingelegt, die ihn erneut für ein Top-Team qualifizieren könnte. Zudem ist er über Williams eng mit Mercedes verbunden. Zur Erinnerung: George Russell ließ man auch zunächst bei Williams zeigen, was er drauf hat, bevor die Beförderung ins Werksteam erfolgte. Auch McLaren-Star Lando Norris hätte das Potenzial, die Hamilton-Lücke zu füllen. Zwar hat der Brite einen langjährigen Vertrag, aber einen gültigen Vertrag hatte Hamilton auch, was in der F1 nichts wert ist. Norris gilt als Supertalent und ist hoch charismatisch, fährt aber seit Jahren seinem ersten Sieg hinterher und bekommt intern Druck durch Shootingstar Piastri. Ein Wechsel zu den Silberpfeilen würde durchaus Sinn machen. Nie unterschätzen darf man das alte Schlitzohr Fernando Alonso. Der Meister im Strippenziehen verstand es schon immer, Situationen zu seinem Vorteil zu nutzen. Es wäre also nicht verwunderlich, denn der Altmeister auch hier auf einmal mitmischt. Geringe Außenseiterchancen haben die beiden Amerikaner Pato O`Ward und Colton Herta, die seit der Absage für das gescheiterte Andretti-Projekt nun frei wären für kommende Aufgaben. Als Amerikaner wären sie für Mercedes angesichts der Bedeutung dieses Marktes sicher wertvoll, sportlich aber ein großes Risiko. Esteban Ocon hingegen kennt das Team als ehemaliger Junior sehr gut, fühlt sich aber im Alpine-Team als Franzose offenbar sehr wohl und ist auch vertraglich ziemlich sicher gebunden. Zudem hat er in den letzten Jahren auch nicht unbedingt überzeugt.
Wie läuft 2024?
Ein weiteres großes Problem für das Mercedes-Team steht nun direkt vor der Tür: Die Saison 2024. Wie wird man mit dem siebenmaligen Weltmeister in seiner letzten Saison umgehen? Hängt man sich noch voll rein, damit der Brite vielleicht den ersehnten achten Titel gewinnt, und die Nummer 1 dann zu Ferrari mitnimmt? Bekommt Hamilton noch alle Updates und wird in alle Geheimnisse eingeweiht? Und setzt Hamilton wirklich nochmal alle seine Kräfte für seinen zukünftigen Ex-Arbeitgeber ein? Schwierigkeiten sind da vorprogrammiert.
Fakt ist, dass der Wechsel einer der absoluten Königsfiguren in der F1 nun für ein paar unruhige Wochen/Monate sorgen wird. Spannend wird es auf jeden Fall.
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2. Februar 2024 16:07 (vor 10 Monaten)
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