Mercedes frischt das vollelektrische Technik-Brüderpaar EQA und EQB auf. Doch bei der Modellpflege der beiden E-SUVs verpasst der Untertürkheimer Autobauer die Gelegenheit, bei der Reichweite entscheidend nachzubessern.
Bei den Modellpflegen geht derzeit die Schere weit auseinander. Entweder nutzen die Ingenieure die Möglichkeit, das Auto fast komplett zu erneuern, wie das bei den Porsche Modellen Panamera und Cayenne der Fall ist oder man beschränkt sich auf kosmetische Retuschen und peppt das Infotainment auf. Das ist oft bei Fahrzeuggattungen der Fall für die die Götterdämmerung anbricht. Wenn es um Elektromobile geht, legen die Entwickler oft bei der Reichweite nach. Das ist meistens kein Hexenwerk. Entweder reizt man den Energiegehalt der Akkus weiter aus, oder man tüftelt an der Effizienz der Bauteile wie den Wechselrichter und optimiert die Software. An einer größeren Schraube dreht man, wenn man die Zellen der Batterien ersetzt und so die Energiedichte erhöht.
Und was macht Mercedes bei seinen BEV-Einsteigermodellen EQA und EQB? Die nutzbare Kapazität der Batterien bleibt mit 66,5 Kilowattstunden und 70,5 Kilowattstunden (bei den Plus-Modellen) identisch. Damit hat der schwäbische Autobauer eine Chance verpasst, denn zum Sonderpreis werden die Modelle mit dem Stern in der Regel nicht verkauft und Reichweite ist bei BEV-Fahrzeugen nach wie vor eine relevante Größe. Immerhin legt der EQA plus bei der WLTP-Reichweite um rund 18 Kilometer von 532 auf 550 Kilometer zu.
Diese Strecken-Plus liegt unter anderem an einem um 0,01 Punkten besseren cW-Wert, der jetzt beim EQA 0,27 beträgt. Diese verbesserte Windschlüpfrigkeit wird durch aerodynamische Feinarbeit wie kleine Spoiler vor dem hinteren Radlauf oder in den Rücklichtern sowie besonders rollwiderstandsarmen Reifen erreicht. Beim EQB ändert sich beim cW-Wert mit 0,28 nichts. Apropos: Auch das Laden bleibt gleich. Also sind per Gleichstrom-Schnelllader maximal 100 kW möglich. Heutzutage einfach zu wenig. Bei den Werten hält sich Mercedes noch bedeckt, also lohnt sich ein Blick auf den noch aktuellen EQA: Bei beiden Batteriegrößen sind die Speicher beim DC-Tanken innerhalb von 32 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt. Beim Wechselstrom sind maximal 11 kW (dreiphasig) möglich. Laut dem ADAC dauert es rund sieben Stunden, bis so die Akkus wieder voll sind. Immerhin stellt die Plug & Charge-Möglichkeit einen echten Komfortgewinn für die Fahrer der Mercedes-E-Crossover dar. Einfach einstöpseln und Laden, die Identifikation und Bezahlung übernehmen das Auto in Zusammenarbeit mit der Ladesäule, die dafür geeignet sein muss.
Neben den optischen Retuschen wie der neuen Front mit Mercedes-Sternen, die auf Wunsch auch glitzern, kommen neue Felgen, Lenkräder mit Touchflächen und Zierteile außen dazu. Innen hat sich etwas beim Infotainment getan, bei dem der zentrale Touchscreen jetzt serienmäßig 10,25 Zoll groß ist. Beim digitalen Instrumentendisplay bleibt es bei sieben Zoll, optional sind es auch da 10,25 Zoll. Mit den neuen Bildschirmen hält auch die aktuelle Version des MBUX-Infotainmentsystem Einzug. Damit hat der Nutzer jetzt schon von der ersten Ebene der grafischen Oberfläche aus direkt Zugang zu vielen Funktionen, ohne dass man sich mühsam durch verschiedene Menüs hangeln muss. Charmant ist die grafische Spielerei, dass sich das Bildschirmambiente an bestimmte Anlässe anpasst. Bei Halloween regnen zum Beispiel Kürbisse über den Bildschirm. Das Bedienkonzept nutzt nicht alleine den Touchscreen. Für die Klimaanlage stehen außerdem noch klassische analoge Bedienhebel, mit denen man schnell grundlegende Einstellungen vornehmen kann. Verbesserungen erfolgen drahtlos via OTA-Updates.
Bei den Fahrassistenten hat der schwäbische Autobauer ebenfalls nachgebessert. Die Rückfahrkamera ist leistungsfähiger und beim Spurhalte-Assistent erfolgt die Korrektur jetzt per Lenk- statt ESP-Bremseingriff. Auf eine praktische Optimierung ist Produktmanager Felix Rothfelder besonders stolz: Bei der Allradversion beträgt die maximale Anhängelast immer 1.700 Kilogramm, bei der Version mit Vorderradantrieb sind es 1.400 Kilogramm. Bei den Preisen herrscht bei Mercedes noch schwäbische Gelassenheit, schließlich stehen der EQA und der EQB erst Anfang des nächsten Jahres beim Händler. Wir gehen davon aus, dass es einen Aufschlag geben wird. Zur Erinnerung: Der noch aktuelle EQA startet bei 50.777,30 Euro und der EQB bei 52.550,40 Euro.
Bildergalerie: Mercedes EQA und EQB Facelift
40 Bilder Fotostrecke | Neuvorstellung Mercedes EQA und EQB 2024: Verpasste Chance
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