Mitten in Affalterbach gibt es ein kleines gallisches Dorf. Umgeben von riesigen AMG-Bauten, entstehen in der "Benzstraße 8" bei HWA Fahrzeuge, die uns in unseren wildesten Träumen verfolgen. Hier geht es nicht um Downsizing, nicht um Elektromobilität und nicht um Luxus und Premium. Es geht um Emotionen, Überzeugung, Liebe und echte Gefühle. Aus diesem Grund hat man sich bei HWA dazu entschieden, 100 Exemplare des HWA EVO entstehen zu lassen.
Bei AMG dürfte man in diesen Tagen etwas neidisch nach HWA blicken. Und wir fragen uns: Warum ist man bei Mercedes-AMG nicht selber auf die Idee gekommen, ein solch tolles Projekt in die Wege zu leiten? Das ist doch das Auto, worauf alle sehnlichst gewartet haben. Hat sich Ola Källenius einen HWA EVO reservieren lassen? Das werden wir wohl für´s erste nicht erfahren.
Nach monatelangem Anteasern hatten wir nun die Gelegenheit, mit dem neuen HWA EVO auf Tuchfühlung zu gehen. In den heiligen Hallen der "Hans Werner Aufrecht AG" durften wir uns den HWA EVO erstmals aus nächster Nähe ansehen. Sichtlich stolz zeigt sich Vorstandsmitglied Gordian von Schöning, der sicherlich als einer der Initiatoren dieses spannenden Projekts bezeichnet werden darf. Äußerlich geht der EVO, so wie er nun vor uns steht, fast in die Serienproduktion. Kleine Details am Design, zum Beispiel an den Lampen oder an der Seitenlinie werden wohl noch abgeändert. Das Interieur ist bei dem Präsentationsmodell noch zu 100% Baby-Benz. Deswegen wohl auch die schwarzen Scheiben. Die EVOs, die ab 2025 ausgeliefert werden sollen, bekommen natürlich alle ein vollumfängliches HWA-Interieur.
Im Vorderwagen wütet beim HWA EVO ein 3,0-Liter-V6-Twinturbomotor. Die Basis für den HWA-Motor ist ein M276-Mercedes-Motor. Für uns erweckt Gordian von Schöning das Biest zum Leben. Vorsichtig dreht er den Schlüssel um und wir müssen erstmal einen Schritt nach hinten gehen. "Man, der klingt ja so wie ein C63 eigentlich klingen müsste", geht uns durch den Kopf.
Der HWA EVO, der nach der Idee des legendären Mercedes 190E 2,5-16 Evo enstand, wird nur 100 mal produziert und leistet bis zu 500 PS. Der Preis? Schlappe 850.000 Euro ohne Extras!
Die Geschichte dahinter
HWA-Gründer Hans Werner Aufrecht war zusammen mit Erhard Melcher als Entwicklungsingenieur bei Daimler-Benz tätig, bevor sie gemeinsam 1967 mit AMG (für Aufrecht, Melcher und Aufrechts Heimatort Großaspach) ihr eigenes Motorsportunternehmen gründeten. AMG machte sich durch die Renneinsätze von Mercedes-Benz-Fahrzeugen sowie durch die Entwicklung und Manufaktur von Hochleistungs-Straßenautos einen Namen und wurde 1998 von der damaligen DaimlerChrysler AG übernommen. HWA wurde 1998 im schwäbischen Affalterbach gegründet mit dem Ziel, die motorsportlichen Aktivitäten von Hans Werner Aufrecht fortzuführen.
Elf Fahrertitel in der DTM, über 480 Siege von Teams mit HWA-Triebwerken in der Formel 3, zwei Formel-E-Titel und der Aufbau von mehr als 700 Kundenfahrzeugen von Mercedes-Benz für den GT-Sport zeigen die Dimension der Expertise von HWA im Motorsport. Darüber hinaus ist das Unternehmen für namhafte Automobilhersteller im Luxus- und Ultra-Hochleistungsbereich tätig. HWA arbeitete zusammen mit Mercedes-AMG an der Entwicklung der legendären Straßenversion des Mercedes-Benz CLK-GTR und war federführend bei der Entstehung des CLK DTM AMG im Jahr 2004 sowie des SL 65 AMG Black Series 2008. Aktuell unterstützt das Unternehmen weiterhin mehrere namhafte Hersteller bei Supercar- und Hypercar-Projekten, darunter Pagani, De Tomaso und Apollo. Und nicht zu vergessen: HWA ist auch die Geburtsstätte der Bussink GT Speedlegend.
Konstruktion von Grund auf ohne Einschränkungen
Für jeden EVO wählt HWA einen Mercedes-Benz W201 als Komponententräger aus und verwendet einen Teil des Chassis des W201 als Basis, um darauf die ultimative moderne Interpretation des legendären EVO II aufzubauen. Somit ist der HWA EVO eigentlich ein komplett neues Auto, von Grund auf aufgebaut, unter Einhaltung der heutigen Produktionsstandards.
Der mittlere Teil des Chassis des ursprünglichen Fahrzeugs wird erheblich verstärkt. Neue Chassisteile für den Front- und Heckbereich entworfen und angebaut. Jedes Chassis erhält bei einer vollumfänglichen kathodischen Tauchlackierung (KTL) eine Schutzschicht gegen Korrosion nach den bei Autoherstellern gängigen Maßstäben.
Erhebliche Änderungen bei der Versteifung zur Erhöhung der Sicherheit verleihen der Struktur zusätzliche Festigkeit und Steifigkeit. Als Ergänzung zu umfangreiche Simulationsprogrammen wird der EVO auch einem physischen Crashtest unterzogen, um die Einhaltung von größtmöglichen Sicherheitsstandards zum Schutz der Insassen zu gewährleisten. Auf das bearbeitete Chassis setzt eine Karosserie auf, die aus Kohlefaser besteht und somit wesentlich zum niedrigen Leergewicht des Autos von 1.360 kg beiträgt.
Evolution eines ikonischen Designs: HWA Hot & Wild, Affalterbach
Die Inspiration für das HWA-Designteam, welches mit Edgar Chu, Spezialist für Rennwagen-Design, zusammenarbeitete, war natürlich klar. Aktuell stehen drei Original-EVO-II für eine Restaurierung in den Hallen des Unternehmens. Daher war das Auto von 1990 immer als visuelle Referenz für die Evolution des Fahrzeugdesigns bei HWA verfügbar.
Der EVO II von 1990 verfügte über eine Karosserie mit Anbauteilen aus Glasfaser-Verbundwerkstoffen, um für die damals neuen, größeren 17-Zoll-Räder Platz zu schaffen. Die Neuinterpretation von HWA geht mit ausgeprägten Radkästen, ganz offensichtlich inspiriert von der DTM, im Vergleich zum Original-Entwurf sogar noch einen Schritt weiter. Sie wurden kunstvoll als Karbonteile aus einem Stück in die vorderen und hinteren Kotflügel integriert. In den Radkästen sind vorne 19-Zoll-Räder und hinten 20-Zoll-Räder untergebracht, jeweils mit sechs geschmiedeten Speichen, als würdige ästhetische Hommage an die Räder des EVO II.
Der HWA EVO sorgt für bange Blicke in den Rückspiegel
Wie das Original ist auch der HWA EVO mit einer Hebefunktion für die Vorderachse ausgestattet, mit der die Frontschürze und der Luftsplitter um 33 Millimeter angehoben werden kann, so dass Verkehrsschwellen leichter überfahren werden können. Am Heck verfügt der HWA EVO ebenfalls über eine tief heruntergezogene Schürze, während der charakteristische Spoiler auf der Heckklappe auf ein neues Niveau angehoben wurde und dank des Anbaus einer ausfahrbaren Kante noch dynamischer und aerodynamisch wirkungsvoller auftritt.
Kräftige LED-Doppelscheinwerfer rahmen den schwarzen Kühlergrill des Fahrzeugs ein, am Heck ist ebenfalls moderne LED-Lichttechnologie eingebaut.
Vor 34 Jahren mussten sich die Käufer der ersten 500 Exemplare des EVO II mit nur einer Farbe, blauschwarz metallic (Farbcode 199), zufriedengeben. Lediglich die letzten zwei Fahrzeuge wurden in Silber lackiert. Im Gegensatz dazu sind die 25 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Lackierungsabteilung von HWA jetzt in der Lage, jede Farbe und jede Oberfläche zu liefern, individuelle Lackierungen inklusive.
Das Design des Innenraums
Wie das Außendesign erinnert auch der Innenraum des HWA EVO an den Zeitgeist des Originalfahrzeugs, während das Benutzererlebnis für die Gegenwart angepasst wurde. Um größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten, entschied sich HWA beispielsweise für digitale statt für analoge Instrumente, allerdings mit einem Erscheinungsbild, das den Eindruck der LED-Displays der frühen Neunzigerjahre vermittelt. Kunden können auch ihr Smartphone anschließen, um so das hochwertige Soundsystems des HWA EVO oder die Navigationsfunktion nutzen zu können oder das Display so anpassen, dass eine digitale Wiedergabe der analogen Anzeigen des Mercedes-Benz EVO II sichtbar wird.
Recaro-Sitze vorne und hinten bieten eine ideale Mischung aus Komfort und Halt. HWA wird dazu eine reiche Auswahl an Materialien und Farben für die Ausstattung des Innenraumes bieten, so dass Besitzer ihre Autos personalisieren können. Zu den weiteren Optionen gehören ein Feuerlöscher, der auch für die Straße zugelassen ist, sowie ein HWA-EVO-Gepäckset.
Kraftvoller Antriebsstrang mit Sechsgang-Handschaltung und Heckantrieb
Als es um die Motorisierung des HWA EVO ging, war keine Lösung von vornherein ausgeschlossen. „Mit unserer Erfahrung mit emissionsfreien Antriebssträngen wäre ein Elektro-Antrieb eine Möglichkeit gewesen“, so von Schöning. „Allerdings ging aus den ersten Kundenbefragungen zu diesem Projekt ganz klar hervor, dass die Besitzer einen Verbrennungsmotor wollen, ein Triebwerk, das wirkliche Emotionen beim Fahren hervorruft.“
Der Original-EVO-II wurde von einem 2,5-Liter-Reihen-Vierzylinder mit 16 Ventilen angetrieben, der von Cosworth getunt wurde und 235 PS leistete. Da sich HWA für das Auto in Standardausführung eine Leistung von 450 PS gewünscht hatte, in Verbindung mit Langlebigkeit und Zuverlässigkeit auf hohem Niveau, wurde ein größerer Motor benötigt. Nach Prüfung aller verfügbaren Optionen war es für das Team ganz offensichtlich, dass nur ein V6-Motor die beste Lösung mit niedrigem Gewicht, kompakter Ausführung und agilem Handling bieten würde.
HWA entschied sich für einen aktuellen Mercedes 3,0-Liter-V6-Twinturbomotor als Basis zur Entwicklung des Triebwerks für den EVO. Das Unternehmen produzierte ein maßgefertigtes Steuerungssystem für den Motor, das wie alle elektronischen Steuergeräte und elektrischen Systeme inklusive Verkabelung, intern bei HWA entwickelt wurde.
„Wir wollten ein ausgesprochen agiles und leicht fahrbares Auto sowohl für die Rennstrecke als auch für die Straße realisieren, und der kompakte V6-Biturbomotor war ideal als Ausgangslage, um diese Ziele zu erreichen“, erklärt Christiaan Liebeton, technischer Projektleiter Antriebsstrang.
Basierend auf der jahrzehntelangen Erfahrung von HWA im Motorsport, führten Liebeton und sein Team eine Reihe von Leistungssteigerungen und Verbesserungen in der Anordnung durch. Dazu gehörten eine eigens kreierte Trockensumpfschmierung und ein für diesen Zweck entworfener Ladeluftkühler.
Das HWA-Team nutzte seine Rennsporterfahrungen auch, um das Gewicht im Motorraum neu zu verteilen, indem es die Nebenaggregate von der Vorderseite des V6-Triebwerks weiter nach hinten im Auto anordnete. Dazu gehören der Anlasser, die Lichtmaschine, die Pumpe der Servolenkung sowie der Kompressor für die Klimaanlage, die an das Glockengehäuse hinter dem Motor verlegt wurden, in dem auch die Kupplung für das hinten angebrachte Sechsgang-Schaltgetriebe untergebracht ist. Diese Verbesserungen ermöglichten es, den Motor tiefer und weiter hinten im Motorraum zu montieren, um eine ideale Konfiguration der Komponenten im vorderen Bereich zu erreichen. Für die optimale Gewichtsverteilung von 50/50 wird die Vorderachse um 50 mm nach vorne gesetzt und der Schwerpunkt des Motors sitzt hinter der Vorderachse.
In Standardausführung liefert der von HWA aufgebaute 3,0-Liter-V6-Biturbomotor eine Leistung von 450 PS und ein Drehmoment von 550 Nm und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h. Mit dem Upgrade zum ‚Affalterbach‘-Performance-Paket steigt die Motorleistung auf 500 PS an. Das Paket umfasst auch eine überarbeitete Getriebeübersetzung, die es dem EVO ermöglicht, eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h zu erreichen.
Fahrwerk aus dem Rennsport für präzises Fahrverhalten auf Strecke und Straße
Vorne und hinten sind aus der DTM abgeleitete Doppelquerlenker mit KW-Stoßdämpfern sowie aus Vollmaterial gefräste Radträger verbaut. Im Serienfahrzeug werden die Dämpfer manuell verstellt, mit dem Affalterbach-Paket kann die Einstellung elektronisch vom Cockpit aus gesteuert werden.
Die kinematische Auslegung der Aufhängung ergibt außerdem eine Sturzanpassung bei intensiven Fahrbedingungen auf der Rennstrecke, was für eine höhere Stabilität bei extremen Kurvengeschwindigkeiten sorgt.
Im Gegensatz zum ursprünglichen EVO II mit klassischem Heckantrieb, verfügt der aktuelle EVO über einen Hinterradantrieb in Transaxle-Anordnung. HWA hat ein eigenes ESP-System entwickelt, das zur ABS-Aktivierung die kraftvollen Sechskolben-380-mm-Scheibenbremsen vorne und die Vierkolben-360-mm-Scheibenbremsen hinten einbezieht, die hinter 19-Zoll-Schmiederädern im Sechs-Speichen-Design vorne und 20-Zoll-Schmiederädern hinten verbaut sind. Ein Paket mit Keramikbremsscheiben ist ebenfalls erhältlich.
Streng limitierte Produktionstermine verfügbar
Der HWA EVO verkörpert wie kein anderes Auto die Vergangenheit und Zukunft der HWA AG. Der Preis für den HWA EVO beträgt 714.000 Euro (zzgl. Umsatzsteuer). Die ersten Fahrzeuge werden voraussichtlich Ende 2025 ausgeliefert. Da bereits eine signifikante Anzahl von Bestellungen eingegangen ist, können sich Interessenten für weitere Informationen über die Zuteilung von Produktionsterminen und Fahrgestellnummern für den HWA EVO hier direkt an das Unternehmen wenden.
Die Produktionszahl ist strikt limitiert auf 100 Einheiten. Jeder HWA EVO wird mit einer Übereinstimmungsbescheinigung (CoC) für die Zulassung sowie eine Garantie über zwölf Monate und/oder 20.000 Kilometern ausgeliefert. Ein Traumauto, das Realität wird. HWA - hot & wild und aus Affalterbach!
1 Kommentar
Veteranenclub
21. Juni 2024 17:30 (vor 5 Monaten)
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