Nico Rosberg scheint im Moment unschlagbar! Auch beim vierten Rennen der Saison im russischen Sotschi siegte der Wiesbadener ungefährdet vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton, der sich vom 10. Startplatz bis auf Rang zwei vorkämpfte.
Solch eine Siegesserie haben bislang nur wenige zu Stande gebracht. Michael Schumacher beispielsweise gewann in seinem ersten Weltmeister-Jahr 1994 auch die ersten vier Rennen souverän. Ein gutes Omen also? Ganz sicher, denn im Moment gibt es anscheinend nichts, was den schnellen Deustchen am Siegen hindern könnte. Selbst Technik-Probleme konzentrieren sich in dieser Saison auf seinen Team-Kollegen, der wegen eines erneuten Motor-Problems nur vom 10. Startplatz ins Rennen gehen konnte. Hamilton nahm dies mit stoischer Ruhe, wer aber den Weltmeister kennt, ahnt, wie es mittlerweile im Inneren brodelt. Wenngleich er gebetsmühlenartig wiederholt, dass er nicht beunruhigt sei und seine Zeit schon noch kommen werde, spricht seine Miene auf dem Siegerpodest Bände. Dabei hatte er ein sehr gute Rennen hinter sich.
Schützenhilfe vom "Torpedo-Russen"
Beim Start konnte Nico sofort vorn weg ziehen, während hinter ihm das Chaos ausbrach. Lokal-Matador Daniil Kwyat im Red Bull verlor vor lauter Aufregung vor seinem Heim-Publikum sowohl die Kontrolle über sein Fahrzeug als auch über sich selbst und krachte Ferrari-Pilot Sebastian Vettel völlig unnötig gleich zwei Mal ins Heck, worauf dessen Rennen schon nach wenigen Metern beendet war. Nachdem es zwischen den beiden bereits beim letzten Rennen in Shanghai zu Reibereien kam, wird das wohl keine Männerfreundschaft mehr werden. Dass der Russe eine zehnsekündige Stop&Go-Strafe - die härteste Rennstrafe im Katalog - bekam, half dem betrübten Vettel auch nicht mehr.
So war der härteste Konkurrent der Silberpfeile aus dem Rennen. Durch das Chaos am Start konnte Hamilton viele Plätze gut machen und überholte in der Folge auch noch die beiden Finnen Bottas im Williams und Raikönnen im Ferrari. Dann blies er zum Angriff auf den über 10 Sekunden vor ihm fahrenden Rosberg, wurde aber von der Box wegen eines Problemes im Kühlbereich seines Boliden eingebremst. Später war er fest davon überzeugt, ohne dieses Problem noch locker hätte siegen zu können. Rosberg machte allerdings nicht den Eindruck, als ob er schon am Limit gefahren wäre und schmunzelte daher auch nur gelassen ob dieser Bemerkung.
Sorgenkind Zuverlässigkeit
Ganz und gar nicht gelassen verfolgte man am Kommandostand das Rennen. Schon früh zeichneten sich Probleme an beiden Fahrzeugen ab, die nach Aussage der Techniker eigentlich zum Doppel-Ausfall hätten führen müssen. Mit viel Glück und Schonung der Fahrzeuge durch die Piloten gelang es aber, die Situation zu stabilisieren. Die sich häufenden Technik-Probleme treiben den Verantwortlichen Sorgenfalten auf die Stirn. Diese Saison ist ungeachtet der Erfolge noch lange kein Selbstläufer. Bislang hatte man das Glück, dass die Tecnik nicht in rennentscheidenden Situationen aufgab, sondern die Probleme immer irgendwie noch lösbar waren. Auch wenn man wie am Samstag abend noch mittels Privat-Jet Teile aus der Fabrik nach Russland schaffen musste, um Lewis einen Start zu ermöglichen. Für die Mitbewerber allerdings ist diese Unzuverlässigkeit der Technik wohl der einzige Lichtblick am Horizont.
In der WM führt Nico Rosberg nun mit der Höchstpunktzahl 100 vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton, der bereits 43 Punkte Rückstand hat. Dritter ist Kimi Räikkönnen im Ferrari mit 43 Punkten, scheint aber weiterhin kein ernstgafter Konkurrent zu sein. Sebastian Vettel im Ferrari - in vielen Augen der einzige echte Herausforderer der Silberpfeile - liegt nach dem Ausfall mit 33 Punkten nur auf Platz 5 der Tabelle.
Nico Rosberg Dieses Wochenende verlief für mich absolut perfekt. Ich fand bereits im Qualifying eine perfekte Balance und das setzte sich im Rennen fort - einfach fantastisch. Ich hatte einen großartigen Start und konnte danach die Pace von der Spitze weg kontrollieren. Vielen Dank an alle in den Werken für dieses unglaubliche Auto. Wenn man ein solches Auto hat, kann man richtig ans Limit gehen und das ist ein super Gefühl. Lewis fuhr sehr gut, um so schnell nach vorne zu gelangen. Hut ab vor seiner Leistung. Das einzig Negative an diesem Wochenende war, dass die Zuverlässigkeit sich ein bisschen zu einer Sorge zu entwickeln scheint. Lewis hatte gestern offensichtlich ein Problem und heute gab es mit beiden Autos Schwierigkeiten. Hinter uns steht jedoch ein großartiges Team und ich bin fest davon überzeugt, dass wir das lösen werden. Es ist unglaublich, mit vier Siegen in die Europasaison zu starten und ich freue mich schon sehr auf Barcelona. Vielen Dank an Russland. Es war wunderbar hier!
Lewis Hamilton Zuerst möchte ich den Jungs danken, die die neuen Teile heute Nacht aus der Fabrik hierhergebracht haben - und natürlich auch den Mechanikern, die die ganze Nacht durchgearbeitet haben, um alles für mich und das Rennen heute vorzubereiten. Die Jungs auf meiner Seite der Box erleben gerade eine schwierige Zeit, aber ich glaube fest an sie und vertraue ihnen. Wir haben in dieser Saison ein paar Veränderungen in der Box vorgenommen, aber das ist absolut nicht der Grund für die Probleme. Das war es in den vergangenen drei Jahren nicht und auch jetzt habe ich keinen Grund, das zu glauben. Ohne ihre harte Arbeit wäre ich gar nicht erst hiergekommen. Also nochmals vielen Dank an sie alle. In der ersten Kurve ging es ziemlich hektisch zu. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich sah etwas im Augenwinkel geschehen und dachte mir: "Das passiert mir nicht noch einmal!" Es gelang mir, mich herauszuhalten und es zu vermeiden, aber wenn ich eingelenkt hätte, hätte ich sie mitgenommen. Es war reiner Instinkt und ich bin froh, dass ich diesmal ohne Berührung durchgekommen bin. Danach hatte ich eine gute Pace und das Gefühl, dass ich um den Sieg mitfahren könnte. Aber dann kam das Problem mit dem Wasserdruck, das diese Chance zunichtemachte. Am Ende war es hart, aber ich probierte es so gut es ging. Ich musste das Auto richtig ins Ziel tragen und so wie das Wochenende verlaufen ist, bin ich einfach nur froh, dass ich die Zielflagge gesehen habe. Es liegt noch ein langer Weg vor mir in dieser Saison und ich habe nicht mehr viele intakte Motorteile übrig. Wir müssen unsere Zuverlässigkeit steigern.
Toto Wolff, Mercedes-Benz Motorsportchef Das Rennen war heute alles andere als eine Kaffeefahrt. Es war richtig anstrengend, beide Autos ins Ziel zu bringen und es gab einen Punkt im Rennen, an dem wir glaubten, dass es keiner von beiden schaffen könnte. Zunächst möchte ich Nico gratulieren, der das gesamte Wochenende perfekte Arbeit abgeliefert hat und erneut ein kontrolliertes Rennen gefahren ist. Er hat keinen Fehler begangen und als wir im Mittelteil des Rennens ein Problem mit der MGU-K hatten, konnte er alle notwendigen Schritte durchführen, um es unter Kontrolle und nachhause zu bringen. Lewis fuhr brillant. Er zeigte einige sehr gute, aggressive Überholmanöver und brachte Platz zwei mit einem cleveren Rennen ins Ziel. Er wollte gerade angreifen, als wir ein Wasserleck erkannten, wodurch er Wasserdruck verlor. Danach konnten wir ihn nur bitten, zurückzustecken, um das Auto ins Ziel zu bringen. Zum Glück stabilisierte sich die Situation dadurch, aber es kostete ihn die Chance, gegen Nico zu kämpfen. Er wird zweifelsohne darüber nachdenken, was heute hätte sein können. Aber Lewis hat nach dem schwierigen Moment im Qualifying gestern eine fantastische Aufholjagd gezeigt. Ein Doppelsieg ist stets etwas Besonderes, das man zu schätzen wissen sollte - ganz besonders angesichts des Performance-Vorteils, den wir an diesem Wochenende hatten. Wir pushen in diesem Jahr hart und gehen ans Limit unseres Autos. Aber wir müssen unsere Probleme in den Griff bekommen, damit die Fahrer es auf der Strecke ausfechten können. Das wollen wir alle sehen und dafür werden wir in den kommenden Tagen bis Barcelona hart arbeiten.
Paddy Lowe, Executive Director (Technical) Das Team leistete fantastische Arbeit, um das Auto von Lewis in der richtigen Spezifikation für das Rennen fertig zu bekommen und damit seinen zehnten Startplatz unter dem Parc Ferme-Reglement zu erhalten. Der Start verlief recht dramatisch, aber unsere Fahrer blieben davon glücklicherweise verschont. Tatsächlich spielte es ihnen in die Karten. Nico lag komfortabel in Führung und Lewis kam auf Platz fünf nach vorne. Nach dem Re-Start zeigte Lewis fantastische Überholmanöver gegen Massa und Räikkönen sowie ein weiteres nach der ersten Runde der Boxenstopps gegen Bottas. Das war entscheidend für sein Rennen. Nach Nicos Stopp entdeckten wir ein Problem an der MGU-K seines Autos, das wir jedoch bis zu einem gewissen Grad unter Kontrolle bekamen. Dennoch blieb es bis zum Rennende eine Sorge. Kurz darauf fiel der Wasserdruck am Auto von Lewis stetig ab. Wir teilten ihm mit, zurückzustecken, was zu einem gewissen Grad half. Es war jedoch eine potentiell rennendende Situation. Wir drückten rund 20 Runden lang die Daumen und hofften, dass das Auto die Zielflagge sehen würde. Wie durch ein Wunder trat genau das ein, was nach den Schwierigkeiten an diesem Wochenende eine riesige Erleichterung darstellte. Insgesamt ist es großartig, einen weiteren Doppelsieg eingefahren zu haben. Aber es ist klar, dass uns in den kommenden Tagen bis zum nächsten Rennen viel Arbeit bevorsteht, um die Reihe an Problemen der vergangenen beiden Wochenenden zu verstehen.
Fotos: Mercedes-AMG Petronas F1 Team
1 Kommentar
Egide aus belgien
2. Mai 2016 21:35 (vor über 8 Jahren)
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