Die Strafsteuern für Elektroautos aus China sind beschlossene Sache. Das wirkt sich nicht allein für die chinesischen Hersteller aus, denn auch einige deutsche Hersteller produzieren ihre Modelle längst in China und bringen diese nach Europa.
Ab Herbst gibt es nach aktuellem Stand schwere Zeiten für die chinesischen Autohersteller – zumindest, wenn diese ihre Elektrofahrzeuge aus China nach Europa importieren wollen. Denn zusätzlich zu den obligatorischen zehn Prozent Einfuhrzoll kommen ab November stattliche Strafsteuern und diese könnten dafür sorgen, dass sogar einige Fahrzeuge vom europäischen Markt genommen werden. MG und den dahinterstehenden SAIC-Konzern dürfte es besonders hart treffen, denn der MG4 ist ein gefährlicher Konkurrent für den kompakten VW ID3. Da SAIC sich bisher wenig kooperativ mit den europäischen Wettbewerbshütern verhielt, soll deren Modelle mit einem zusätzlichen Strafzoll von 35,3 Prozent belegt werden. Den aktuell bei rund 35.000 Euro startenden MG4 dürfte das spürbar verteuern, wenngleich MG den Mehrpreis kaum in voller Höhe an die Kunden weitergeben dürfte.
Nicht ganz so hart würde es BYD treffen. Die aktuell größte Automarke auf dem chinesischen Markt macht sich zunehmend auch in Europa breit und müsste nach aktuellem Stand mit Strafzahlungen von 17 Prozent pro Fahrzeug rechnen. Einfacher macht das die Situation für Elektromodelle wie Atto 3, Tang, Seal und Dolphin nicht. VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Das Votum der EU-Mitgliedstaaten, das Vorhaben der EU-Kommission nicht mit ausreichender Mehrheit abzulehnen und somit ab Ende Oktober hohe zusätzliche Zölle von bis zu 35,3 Prozent auf E-Pkw aus China zu erheben, ist ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit.“ Die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung gegen die Zölle ausgesprochen.
Doch nicht nur China-Marken sind betroffen. Der US-Autobauer Tesla fertigt in Shanghai zwar sein Model 3, doch dieses ist in erster Linie für den chinesischen Markt gedacht. Die Fahrzeuge für Europa laufen von Ausnahmen abgesehen in Grünheide / Brandenburg vom Band. Daher werden die Tesla-Strafzölle in Höhe von nur knapp acht Prozent, da es keinen chinesischen Kooperationspartner gibt, kaum Auswirkungen auf die europäischen Endkundenpreise haben.
BMW brauchte vor Jahren dringend einen elektrischen Mittelklasse-Crossover, weil die Konkurrenz erste Modelle mit Stecker brachte und Modelle wie iX oder iX1 noch auf sich warten ließen. Zwar war der BMW iX3 an sich nur für den chinesischen Markt gedacht gewesen, doch die Adaptionen, diesen fit für den europäischen Markt zu machen, waren überschaubar und so entschied die Konzernführung, dass der BMW iX3 auch nach Europa eingeführt werden sollte – gefertigt bei Kooperationspartner BMW Brilliance Automotive in Shenyang. Der elektrische BMW iX3 wird jedoch zeitnah auslaufen und ab Mitte / Ende 2025 vom neuen elektrischen BMW iX3 ersetzt, der als Basis der neuen Klasse dann aus Europa kommt. Problematischer sieht es jedoch für die BMW-Tochter Mini aus, denn die elektrischen Mini-Modelle kommen im Gegensatz zu den Verbrennern nicht aus dem britischen Oxford, sondern aus China nach Europa. Mini trifft es deshalb besonders schmerzhaft, denn die erst jüngst vorgestellten Elektromodelle werden bei Kooperationspartner Great Wall Motor in Zhangjiagang gefertigt und werden durch die Strafzölle mehr als 20 Prozent teuer, ehe diese in Europa anladen.
Ganz ähnlich sieht es bei Cupra aus, denn zum Beispiel der neue Elektro-SUV namens Tavascan wird im Joint-Venture-Werk in Anhui gefertigt und kommt auf dem Seeweg zum Beispiel aus Shanghai via Barcelona oder Bremerhaven nach Europa. Das bedeutet eine Strafsteuer von 20,7 Prozent. Der Volkswagen Konzern hat in China mit verschiedenen Strafzöllen zu jonglieren, denn die Wolfsburger haben mit SAIC, FAW und JAC unterschiedliche Joint-Venture-Partner mit entsprechend gestaffeltem Steuerprogramm.
Die Strafsteuern sind auch keine guten Nachrichten für Nio oder für die einst deutsche Marke Smart, mittlerweile ein interkontinentales Joint Venture zwischen Mercedes und Geely. Die Zölle für die ausschließlich in China gefertigten Modelle wie einen Smart #1 oder den #3 liegen ab November bei 19,3 Prozent. Das ist zu viel, um das Aufgeld komplett an die Kunden weiterzugeben. Auch der Volvo EX30 kommt zum Start aus China und da der schwedische Autobauer seit vielen Jahren zum chinesischen Geely-Konzern gehört, machen entsprechende Strafsteuern den Einstiegscrossover spürbar teurer. Volvo will dies ausgleichen, indem einzelne Modelle in der belgischen Fertigung in Gent vom Band laufen sollen. Das neue Topmodell des EX90 hat unter den Strafzöllen nicht zu leiden, denn der Crossover wird nicht nur in China, sondern auch im amerikanischen Charleston gefertigt. Da die Strafzölle aus China auch Markenschwester Polestar treffen und es ohnehin beim Absatz der Polestar-Modelle hakt, wird sich der Elektrohersteller ebenfalls überlegen müssen, ob er seine Fahrzeuge für Europa noch irgend anders als in China fertigt.
Dacia fertigt sein elektrisches Billigmodell des Spring ebenfalls in China. Hier würden Strafsteuern für den aus Wuhan importierten E-Einsteiger wohl das Aus bedeuten, denn der Renault-Ableger hat insbesondere einen Kaufgrund: seinen Einstiegspreis von 16.900 Euro.
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