Mercedes CLS 55 AMG: Jenseits von Gut und Böse

Edel, flach und pfeilschnell reichte dem Besitzer nicht

Was Mercedes mit dem CLS auf die Beine, pardon, Räder gestellt hat, ist wie eine Skulptur auf Rädern. Prototypen sehen am Anfang immer sehr stimmig aus, durchlaufen dann in der Regel verschiedene Phasen der Serienreife und werden auf dem Weg zum fertigen Fahrzeug derart weichgespült und massentauglich getrimmt, dass jeglicher Pep auf der Strecke bleibt. Die „Vision CLS“ jedoch fand derart großen Anklang auf der IAA im Jahr 2003, dass Mercedes alle Stadien des „Weichspülens“ übersprungen hat und einen absoluten Optikhammer auf die Straße gebracht hat. Dieser Mercedes hat nur einen einzigen, schönen Stern Nesat Özke, Autotuner und Mercedes-Fan aus Leidenschaft, fährt bevorzugt Modelle mit Stern auf der Haube. Umso interessanter, dass er bei seinem aktuellen Projekt alle Embleme verbannt und durch seine eigenen Firmenlogos ersetzt hat: „Der einzige Stern an diesem CLS sitzt auf dem Lenkrad!“ Vielleicht sollten wir beiläufig erwähnen dass das Lenkrad aus einem Black Series Modell stammt und mit gut eintausend Euro zu Buche schlägt? Doch das ist nicht die einzige Besonderheit an diesem CLS, der nun so total anders wirkt als das Serienmodell. Bereits im Originalzustand ist die Design-Ikone CLS ja kein Geländewagen, Nesats AMG-Modell duckt sich aber dank eines Tieferlegungsmoduls für die Airmatic so tief auf den Asphalt, dass man die Alltagstauglichkeit dieses Geschosses arg in Zweifel zieht. Dabei versichert der Eigentümer, den Wagen von April bis Oktober tagtäglich im Einsatz zu haben: „Ich fahre in den sieben Monaten knapp 10.000 Kilometer. Im Winter ist mir das Auto zu schade, da fahre ich C-Klasse oder unseren Familien-Beetle.“ Rechnet man das aufs Jahr hoch, würde sich bei der Fahrleistung glatt ein Diesel rechnen, oder? So flach, er könnte glatt einen Limbo tanzen Nesat winkt ab: „Ich habe mir den Wagen gekauft, weil ich schnell fahren will. Und ich finde, die AMG-Modelle sind etwas richtig besonderes. Noch dazu gefällt mir der CLS aufgrund seiner flachen Form am besten von allen.“ In Bayern hat der den weinroten CLS55 AMG nach langer Suche aufgetrieben, aus 2. Hand. „Der erste Besitzer war AMG, von daher verfügte das Fahrzeug zu Vorführzwecken über die V/max-Aufhebung.“, argumentiert der Hannoveraner seine Entscheidung. Dass er von der Möglichkeit, auch jenseits der 250 km/h-Grenze zu fahren, Gebrauch macht, daran läßt Nesat keinen Zweifel aufkommen. Wichtig beim geplanten Umbau war daher auch eine Rad-/Reifenkombination, die nirgends schleift oder an der Karosserie aneckt. Auch Federwegsbegrenzer sind für ihn und seinen Geschäftspartner Yakup Purut ein Tabu. Zusammen betreiben die beiden die Tuningschmiede „Chromewheel.de“, aus der mit schöner Regelmäßigkeit bildschöne und extravagante Fahrzeuge auf die Straße rollen. Bei Chromewheel.de rauchten die Köpfe Yakup nahm Maß und tüftelte eine Felgenkombination aus, die nur an den vorderen Kotflügelkanten eine leichte Nachbearbeitung des Blechs nötig machte. „Auch wenn uns das keiner glaubt“, versichert Nesat, „an der Hinterachse wurde nichts gezogen oder bearbeitet!“ Basis für die individuellen Felgen sind RH-Felgensterne. Innen- und Außenbetten wurden speziell für dieses Fahrzeug zusammengestellt. Auf dem Papier bedeutet das: 12x20 Zoll an der Antriebsachse, bereift mit 305/25er Conti Sport Contact 5. Die Lenkachse wurde mit 10x20 breiten Alus bestückt. 255/30 lautet dort das Gardemaß. Der Begriff „Walzen“ ist angesichts der Dimensionen wohl mehr als angebracht. Immer schön Piano – beim Lack und beim Zusammenbau Die Liebe zum Detail setzt sich auch im Innenraum fort. Verkleidungsteile erhielten einen Überzug aus edlem Alcantara. Und die originalen Holz-Applikationen waren innerhalb kürzester Zeit ausgebaut, ihr Einbau dauerte allerdings einen ganzen Tag. Dazwischen lag ein sehr ereignisreicher Aufenthalt beim Tischler des Vertrauens. Fünf Schichten schwarzen Lack trug der Fachmann auf die Teile auf, immer unterbrochen von Schleif- und Poliervorgängen. Dann folgten fünf Schichten Klarlack. Das Resultat ist eine Klavierlack-Optik vom Allerfeinsten. Nesat schwingt sich in den Fahrersitz und startet das V8-Aggregat. Im Display des Kombiinstruments erscheint das „Chromewheel“-Firmenlogo. Zum metallischen Sound des Kompressors gesellt sich das gierige Schlürfen der acht Töpfe bei kurzen Gasstößen. Die Auspuffanlage wurde etwas modifiziert. Eine „X-Pipe“ verschärft den ohnehin sehr kernigen Klang des CLS. Ein Druck aufs Gaspedal und das weinrote Sportcoupé rauscht davon. Das Heck zappelt dabei nervös und die Conti-Walzen suchen winselnd das letzte bisschen Grip, ehe sie von der Fahrwerkselektronik wieder eingebremst werden. Kann das Fliegen wirklich schöner sein..? Fotos & Text: Igor Vucinic Fahrzeugtyp: Mercedes-Benz CLS 55 AMG (C219) Baujahr: 2005 Motor: V8, Kompressor, 5439 cm³ Hubraum, 476 PS, V/max-Aufhebung, AMG-Auspuffanlage mit X-Pipe modifiziert Kraftübertragung: 5G-Tronic Räder: 3tlg. Chromewheel Spezialanfertigungen mit RH-Stern und Edelstahl-Schüsseln, Sterne in Wagenfarbe lackiert, vorne in 10x20 Zoll, hinten in 12x20 Zoll Reifen: Continental Sport Contact 5, vorne in 255/30 R20, hinten in 305/25 R20 Fahrwerk: Airmatic, durch Chromewheel-Tieferlegungsmodul modifiziert, ca. 70/50mm tiefer Bremsen: Serie Karosserie: Prior Design Frontgrill, Mopf-Rückleuchten, alle Mercedes-Sterne entfernt Innenraum: W209 CLK 63 Black Series Lenkrad, alle Holz-Applikationen in 10-Schicht-Hochlanz-Pianolack lackiert, diverse Verkleidungsteile mit Alcantara bezogen Car-Hifi: original Comand mit Harman/Kardon-Soundsystem
(Bild 3 von 35)
Erstellt am 19. Februar 2013
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